Das Kraftwerk Kardaun ist ein Laufwasserkraftwerk.
Saubere Stromproduktion mit dem Wasser des Eisack
Das Kraftwerk Kardaun ist ein Laufwasserkraftwerk. Der Fluss Eisack, dessen Wasser das Kraftwerk speist, hat zusammen mit den Nebenflüssen ein großes Einzugsgebiet: insgesamt 4193 Quadratkilometer, also mehr als die Hälfte der Fläche Südtirols. Davon sind 3350 Quadratkilometer direkte „Wasserlieferanten“ für das Kraftwerk in Kardaun.
Der Eisack entspringt nahe dem Brennerpass auf 2000 Meter Meereshöhe und erreicht nach 92 Kilometer Bozen (Meereshöhe 244 m). Während seines Laufs nimmt er das Wasser zahlreicher Nebenflüsse auf, die aus den Bergen des Wipptals, des Pustertals und der Dolomiten herabfließen. Größter Nebenfluss ist die Rienz mit einer Länge von 63 Kilometer, die bei Toblach entspringt und bei Brixen in den Eisack mündet.
Eine wechselvolle Geschichte zwischen den zwei Weltkriegen
Das Münchner Bauunternehmen „Sager & Wörner“ legte 1907 ein erstes Projekt vor, welches noch vor Ausbruch des 1. Weltkrieges baureif war. Allerdings kam es zu großen Veränderungen, so wurde Südtirol nach Kriegsende von Italien annektiert und am 10. Oktober 1920 offiziell an Italien angeschlossen. Im selben Jahr tauchte das Machbarkeitsprojekt der Münchner, das inzwischen in den Schubladen des Bozner Stadtmagistrats verschwunden war, in neuer Auflage auf. Das neue Projekt trug die Unterschrift des Ingenieurs Leo Perwanger.
Südtirols Wasserreichtum war eine der Hauptursachen, warum das wirtschaftliche Interesse der staatlichen Behörden so groß war: von Kardaun aus sollten viele der lombardischen Industriebetriebe beliefert werden. Nach Überwindung der bürokratischen Hindernisse begann der Konzessionär SIDI (Società Idroelettrica dell‘Isarco) im Mai 1926 mit den Bauarbeiten: In der überraschend kurzen Zeit von drei Jahren, in der bis zu 5000 Arbeitskräfte zwischen Klausen und Bozen eingesetzt waren, entstand Europas größtes und modernstes Wasserkraftwerk. Die Strecke zwischen Klausen und Bozen wurde zu einer riesigen Baustelle. Der Turiner Architekt Eugenio Mollino, aber auch Architekt und spätere Filmemacher Luis Trenker und sein Lehrmeister Clemens Holzmeister trugen mit ihrem Können zum Werk bei. Die definitive Inbetriebnahme der Anlage erfolgte am 15. September 1929.
Bei der Fertigstellung und noch Jahre nach der Inbetriebnahme im Jahre 1929 war das Wasserkraftwerk von Kardaun das größte seiner Art in Europa.
Die Anlage von Kardaun blieb während des 2. Weltkrieges weitgehend von alliierten Bombenangriffen verschont. Es gibt Vermutungen, dass ein Grund für dieses Glück dem Umstand zuzuschreiben war, dass an diesem Unternehmen auch alliierte Interessen hingen und folglich versucht wurde, Zerstörungen zu vermeiden.
Im Jahr 1945 ging das Kraftwerk vom urspünglichen Konzessionär SIDI an das Unternehmen SIP (Società Idroelettrica Piemonte) über. In der Folge gab es noch weitere signifikante Eigentümerwechsel: Im Jahr 1963, als Enel im Zuge der Nationalisierung der Elektroenergie dieses Kraftwerk und eine Reihe anderer Kraftwerke in Südtirol übernahm. Im Jahr 2010 gründeten SEL und Enel Produzione eine gemeinsame Gesellschaft, welcher 2011 die Konzession des Kraftwerks übertragen wurde. Heute gehört die Gesellschaft zu 100 Prozent Alperia.
Projekt der Superlative
Der Wehranlage bei Waidbruck ist ein Becken mit einem Fassungsvermögen von 290.000 m3 nachgeschaltet, welches auch als Tagesspeicher dient. Von dort fließt das Wasser durch einen 15 Kilometer langen Stollen zum Wasserschloss und stürzt über fünf Druckrohrleitungen, mit einem anfänglichen Durchmesser von 2,8 Meter, der sich im unteren Bereich auf 2,5 Meter verringert, hinunter ins Krafthaus. Unterhalb der Mündung des Eggentalerbaches fließt das Wasser wieder in den Eisack zurück. Die maximale Ableitung beträgt 90 m3/sec.
Ursprünglich gab es noch eine sechste Leitung mit einem Durchmesser von 2 Meter, welche drei kleinere Peltonturbinen für die Stromerzeugung für die Eisenbahn speiste, in der Folge jedoch abmontiert wurde. Für die Energieproduktion wurden fünf Maschinensätze installiert, welche jeweils aus einer Francisturbine, einem Generator und einem Transformator bestehen. Die Turbinen mit 300 Umdrehungen pro Minute haben eine Leistung von 33.000 kW; die Generatoren leisten 36.000 kVA bei 10 kV. Vom Kraftwerk gehen Elektroleitungen mit 220, 130, 60 und 20 kV aus, die mit dem nationalen Stromnetz verbunden sind.
Einzugsgebiet | 3350 km2 | Achsen | vertikal |
Wasserfassung | Kollmann am Eisack | Typ Turbinenregler | mechanisch |
Maximale ableitbare Wassermenge | 90,00 m3/s | Maximale Ausbauwassermenge | 23,00 m3/s |
Länge des Stollens | 15 km | Nennleistung | 33.000 kW |
Länge der Druckrohrleitung | 330 m | Velocità turbine | 300 giri/min |
Fallhöhe | 165 m | Generatortyp | Synchron |
Mittlere Jahresproduktion | 620 GWh | Leistung | 36.000 kVA |
Turbinentyp | Francis | Spannung | 10 kV |